Stadtverwaltung Nienburg (Saale) bereitet sich auf Energiekrise und mögliche Protestaktionen vor
Bürgermeisterin Falke verweist auf gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Kommune und Pflichten ehrenamtlich tätiger Mandatsträger
Angesichts der fortschreitenden Preisexplosion im Energiesektor hat die Landkreisverwaltung Mehrkosten für Strom und Gas für Verwaltungs- und Schulgebäude in Höhe von 1,6 Mio. EUR im Nachtragshaushalt 2022 eingeplant. Und auch die Stadt Nienburg (Saale) hat in ihrem 2. Haushaltsentwurf zusätzliche Kosten für Energie und Gas berücksichtigt. Zudem erarbeitet die Stadtverwaltung Energiesparkonzepte, um Strom- und Gasverbräuche zu senken. „Als öffentliche Verwaltung haben wir die gesellschaftliche Aufgabe, die eigenen Kosten nicht vollends aus dem Ruder laufen zu lassen“, schließt sich Bürgermeisterin Falke Landrat Bauer an.
Bereits Anfang August hatte Falke die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen sowie die Ortsbürgermeister und Ortsbürgermeisterinnen zu einer Gesprächsrunde ins Rathaus geladen. Mit Blick auf die kommende Energiekrise und die von der EU vorgegebene Maßgabe, mindestens 15 % Energie im eigenen Wirkungskreis zu sparen, hat sie die Mandatsträger informiert, dass bereits Überlegungen existieren, welche kommunalen Gebäude zu schützen und zwangsläufig in der Nutzung zu halten sind und welche vom Netz genommen werden können. Zudem bat sie die Anwesenden, sich mit ihren Fraktions- bzw. Ortschaftsratsmitgliedern zu beraten, Ideen zu sammeln und Vorschläge einzureichen, wie und wo innerhalb der gesamten Einheitsgemeinde Energie gespart werden kann.
Eine Einladung zur zweiten Auflage der Gesprächsrunde schickte nun, vier Wochen später und kurz vor Inkrafttreten der 1. Energiesparverordnung, Stadtratsvorsitzender Rolf Heinemann an alle Ratsmitglieder und die Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister. Anlass waren eine Sachstandsanalyse und der Austausch von Informationen, darüber hinaus aber auch ein kürzlich veröffentlichtes Video eines Stadtrates.
Sparmaßnahmen, so Bürgermeisterin Falke im Verlauf der Beratung, wolle und müsse sie auch durchsetzen, um den Haushaltsfehlbetrag nicht weiter hochzutreiben und um Mittel zukünftig auch noch für alle anderen Aufgaben bereitstellen zu können. Erfreulich sei in jedem Fall, dass die Kommunalaufsicht des Salzlandkreises den Haushalt für das Jahr 2022 unbeanstandet gelassen und genehmigt hat. So sei die Kommune zwar finanziell nicht bessergestellt, wohl aber in die Lage versetzt, mit dem Plan zu arbeiten. Das freilich unter Berücksichtigung der erteilten Auflagen, die aus der Verfügung der Kommunalaufsicht hervorgehen. Die wiederum wird allen Räten in Kürze zur Verfügung gestellt. Damit sie sich auch in dieser Hinsicht ein realistisches Bild machen können.
Grundsätzlich, so Falke, stehe sie – anstelle gegeneinander zu arbeiten - für ein Miteinander. Denn Krisen sind nur gemeinsam zu bewältigen und wenn die Last auf mehreren Schultern verteilt wird und Kompromissbereitschaft vorhanden ist. Und die gibt es, so wie bereits geführte Gespräche mit Vereinen der Einheitsgemeinde zeigen.
Bei allen Zwängen hält Falke, so wie Bernburgs Oberbürgermeisterin Dr. Ristow, maßvolles Agieren für sinnvoll, auch um gesellschaftliche Konflikte zu vermeiden. Waren es in der Corona-Pandemie oftmals Schicksalsschläge wie der Wegfall sozialer Beziehungen, erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder gar der Tod von geliebten Menschen, die verkraftet werden mussten, so sind es jetzt mehr denn je finanzielle Nöte und Existenzängste, von denen sich die Menschen bedroht fühlen. Eines, so Falke, eint jedoch alle Krisen: Es gibt immer Zeitgenossen, die Unsicherheit, fehlende Zuversicht und den Frust anderer für ihre eigenen Zwecke nutzen. Die eine ganz andere Absicht verfolgen und andere nach vorn schicken. Dabei richtet sie den Blick auf den thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (LINKE). Der hat angesichts der im Herbst zu erwarteten Protestkundgebungen u. a. vor Anfeindungen gegen Politiker gewarnt und gesagt: „Wer bewusst ignoriert, mit wem man da zusammen öffentlich einen Schulterschluss praktiziert, der kann sich nicht herausreden, die Zeichen nicht gesehen zu haben“. Das sei im Großen so und auch im Kleinen, sagt Bürgermeisterin Falke. Und auch der, der von sich sagt, er würde als erster vor dem Rathaus stehen, müsse sich darüber im Klaren sein. Dabei gehe es ihr nicht darum, betont Falke, berechtigte Proteste oder andere Meinungen zu ignorieren. Entscheidend sei die Art und Weise, wie man dies kundtue. Und wenn ein vom Volk gewählter Mandatsträger öffentlich von „Rotze, die da in Berlin und Magdeburg beschlossen wird“ redet und aufruft, der Regierung unmissverständlich klar zu machen, „dass die Bürger diese ganze Scheiße nicht mehr mittragen“, dann sollte sich jeder überlegen, ob man – so wie Ramelow sagt – mit diesem einen Schulterschluss praktiziert.
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